„Warum wollt ihr eigentlich alles in Watte packen?“ - dieser Satz unserer Ausbilderin Dorothe Fritzsche zu unserer Kommunikation hat bei uns bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Frage, warum man oft auch in nicht passenden Momenten scheut, Tatsachen direkt anzusprechen, beschäftigt uns daher auch in dieser Coach&Coach Episode.
Was bedeutet indirekte und direkte Kommunikation?
In welchen Situationen, beruflich und privat, ist das Eine oder Andere hinderlich oder auch angemessen?
Was sind Gründe, direkte Kommunikation zu vermeiden und wie kann man daran arbeiten?
Wie kann man als Coach direkt kommunizieren, auch wenn man seinen Klienten nicht manipulieren will und Lösungen vom Klienten selbst kommen sollen?
Jan:
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Coach&Coach. Ich begrüße ganz herzlich Björn Bobach. Guten Morgen, Björn.
Björn:
Guten Morgen, Jan.
Jan:
und mein Name ist Jan-Gustav Franke. Ja, wir haben uns für heute ein Thema ausgesucht, das sich beschäftigt mit direkter und indirekter Kommunikation und ich frage dich ganz direkt, Björn, warum sollten wir uns mit dem Thema überhaupt auseinandersetzen?
Björn:
Den Ball direkt zurückgespielt, nicht wahr? Ja, also der… Ich erinnere mich daran, dass wir in unserer Coaching-Ausbildung, wir beide speziell, mal darüber ausgetauscht haben. Also die Unterhaltung zwischen uns war so, oder die Diskussion, die wir damals in der Gruppe hatten, war so, dass wir uns Also es ging darum, jemandem, glaube ich, ganz konkret zu sagen, dass vielleicht ein Karriereziel nicht so richtig, wenn ich mich richtig erinnere, nicht so richtig passen würde. Und dann war dann so das Thema, wie packt man das in Watte? Und unsere Ausbilderin sagte dann ganz plötzlich, so ein bisschen genervt, wenn ich mich erinnere, wieso wollt ihr eigentlich immer alles in Watte packen? Und seit dem Tag und seit diesem Moment stelle ich fest… dass das ein Thema ist. Also dass es tatsächlich so ist, dass ich mich selber und auch andere dabei ertappe, wie sie ganz oft nicht direkt kommunizieren, sondern mit ganz viel Umwegen, hintenrum und mit komischen Metaphern und Vergleichen versuchen, eine Aussage zu tätigen, die dann am Ende gar nicht zum Ziel führt. Also dann führt man Gespräche und … stellt fest, eigentlich ist das, was ich sagen wollte, gar nicht da rübergekommen oder es hat nicht den gewünschten Effekt. Und wie das so ist, liegt es dann ja vor allem meistens an einem selber und nicht an dem, der einem zuhört, weil ich mich zum Beispiel persönlich gar nicht direkt ausgedrückt habe. Ich habe gar nicht direkt, zum Beispiel ich habe nicht direkt nein gesagt zu einer Bitte, sondern ich habe mit ganz viel Umschweifen erklärt, wie wir es eigentlich machen wollen und warum das so ein toller Weg ist, ohne nein zu sagen. Das ist dann beim Gegenüber gar nicht angekommen. Und ich glaube, dass wir uns so viele Themen oder interne Probleme eigentlich selbst machen, weil wir Dinge nicht direkt kommunizieren und nicht direkt aussprechen, sondern immer versuchen, irgendwie aus Selbstschutz oder falscher Rücksichtnahme der Gefühle anderer, vielleicht manchmal auch, auch wenn wir natürlich respektvoll miteinander umgehen sollten, Dinge nicht auf den Punkt.
Jan:
Ja, die tatsächliche Frage, die ja auch ganz interessant ist in diesem Zusammenhang, ist, warum kommunizieren wir überhaupt indirekt oder wie sind wir dahingekommen? Denn ich habe ja zu Hause auch eine kleine Tochter herumlaufen, die kommuniziert sehr direkt. Also die sagt genau, was sie möchte und was sie nicht möchte. Und das ist ja eigentlich auch der natürliche Zustand erstmal, dass man eigentlich sagt, was man möchte, was man nicht möchte. Und wir oftmals, dass wir eher indirekt kommunizieren. Und das hat ja sicherlich auch mit entsprechenden Erfahrungen zu tun, die einhergehen mit der Reaktion auf das, was wir sagen oder wie wir uns ausdrücken. Also wenn man jetzt mal vergleicht oder wenn man jetzt mal sagt, wie funktioniert direkte Kommunikation, dann… könnten wir zum Beispiel jetzt hier im Gespräch miteinander sagen, dass ich zu dir sage, Björn, so wie du das hier in dem Podcast machst, das gefällt mir nicht oder das gefällt mir sehr gut. Das wären ja quasi beides sehr direkte Sachen. Und was aber natürlich passiert ist, dass das eben sehr deutlich ist und auch sehr deutlich eine Meinung macht. So und schätzen, also schauen wir uns jetzt mal an, ob das jetzt im Privaten oder im Beruflichen ist. Dann gibt es ja oftmals die Intention… jemanden nicht verletzen zu wollen oder auch vielleicht nicht jemanden über über das wie sagt man über den grünen klee hinaus zu loben also quasi das nicht nicht zu übertreiben sondern
Björn:
Hm?
Jan:
halt irgendwo gemäßigter unterwegs zu sein und das führt dann eben oftmals dazu dass halt eher indirekt kommuniziert wird es gibt ja zum beispiel in der kommunikation auch den sogenannten feedback burger kennst du den in ja
Björn:
Feedback Burger habe ich noch nie von gehört.
Jan:
Genau. Der Feedback Burger funktioniert so, dass du erstmal was Positives sagst, dann
Björn:
Ach, das.
Jan:
die Kritik und am Ende dann nochmal was Positives. Also das wäre zum Beispiel, dass ich jetzt hier über den Beispiel von gerade sagen würde, du Björn, ich finde du bist ein richtig toller Typ, wie engagiert du bist und so weiter. Aber manchmal habe ich den Eindruck, du schießt dir irgendwie im Podcast etwas über das Ziel hinaus und… Ja, vielleicht kannst du da mal drüber nachdenken, ob du da ein bisschen dran arbeiten kannst. Aber grundsätzlich ist es schon einfach toll, was du hier für einen Spirit mit reinbringst. So das wäre quasi ein bisschen so.
Björn:
Oh Gott, ich komm mir so manipuliert vor, sofort.
Jan:
So mal übertrieben und plakativ dargestellt.
Björn:
Ja.
Jan:
Hat aber natürlich auch was damit zu tun, dass man eigentlich auch etwas versucht zu verpacken. Der Feedback Burger ist ja im Grunde genommen so, es gibt oben eine Scheibe Brot, dann gibt es quasi dazwischen irgendwas Nahrhaftes, ob das jetzt Fleisch ist oder ein Veggie Patty. Und dann quasi unten drunter nochmal ein Brot, was dann quasi jeweils eben dieser positive Aspekt sein soll, mit dem das beginnt und abschließt. Aber es ist auch so, dass es quasi in einen Rahmen gegossen wird. Und ich glaube, was damit erzielt werden soll, ist, dass das Gegenüber empfänglich ist für etwas. Also ich möchte nochmal nachschieben, du machst natürlich hier alles sowieso super, da gibt es gar keine Kritik. Von mir, das war jetzt nur ein Beispiel an der Stelle. Aber das sind halt genau diese Punkte in der direkten Kommunikation oder weshalb man versucht, auch etwas zu verpacken, um die Empfänglichkeit des Gegenübers zu wahren. Und jetzt kommen wir zum nächsten Punkt, denn ich glaube, ob man direkt oder indirekt kommuniziert, hat zwei Punkten zu tun. Einerseits mit der eigenen Persönlichkeit, den eigenen Erfahrungen, wie man damit auch umgeht. Also jemandem, dem quasi die Reaktion des Gegenübers völlig egal ist. Und er wird wahrscheinlich auch mit sich selbst irgendwie sagt, also alles was ich mache ist sowieso Tutti. Die Person wird wahrscheinlich relativ wenig des Bedürfens haben indirekt zu kommunizieren, sondern die sagt wahrscheinlich alles was sie haben möchte. So. Wenn man aber etwas teilweise vielleicht taktischer strategischer denkt, dann versetzt man sich vielleicht auch in die Situation des Gegenüber hinein und denkt, okay, ich habe eine Meinung. Ich möchte ja aber auch, dass… beim Gegenüber die Reaktion oder das Ergebnis dabei herauskommt, was ich mir wünsche eigentlich und deshalb verpacke ich oder transportiere ich meine Botschaft so, dass nach Möglichkeit auch das passiert, was ich eigentlich haben möchte. Und dann komme ich schon in den Bereich rein,
Björn:
Hm.
Jan:
dass ich eventuell nicht mehr ganz indirekt kommuniziere, sondern vielleicht indirekt um ein Ziel zu erreichen. Entweder das Ziel zu erreichen, dass ich mich selbst nicht unwohl fühle in dem, was ich sage oder dass mein Gegenüber sich nicht unwohl fühlt in dem oder mit dem,
Björn:
Mhm.
Jan:
was ich sage. Oder vielleicht auch anders herum, wenn ich weiß, mein Gegenüber versteht verpackte Botschaften gar nicht, dann komme ich vielleicht auch zu dem Schluss, dass ich sage, ne, da muss ich ganz knallhart direkt kommunizieren, sonst wird das niemals durchdringen, was ich eigentlich möchte.
Björn:
Ja, man kann das ja auch einsetzen bzw. dosieren, wie direkt bin ich mit jemandem oder wie indirekt bin ich mit jemandem. Ich möchte noch nachschieben, ich glaube, es hat auch sehr viel, du hast das eben ganz kurz erwähnt, sehr, sehr viel mit Prägung zu tun. Was habe ich erlebt, wenn ich direkt kommuniziert habe in der Vergangenheit?
Jan:
Mhm.
Björn:
Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich z.B. in meinen jungen Jahren, jung meine ich jetzt, jugendlich und so ganz oft, ich war eigentlich immer ein sehr direkter Hab also auch immer ganz direkt Dinge angesprochen und ich hab dann sehr häufig den Satz gehört, das macht man nicht. Also das ist so ein, was sollen denn die anderen von dir denken und wie selbst wenn es was, was mitfühlendes war, sowas spricht man nicht an. Also es ist diese, diese Prägung von außen, was gesellschaftlich oder in einer Gruppe
Jan:
Hm.
Björn:
erwartet wird. fühlt natürlich dann auch dazu, dass man seine Kommunikation entsprechend anpasst. Und natürlich ist es so, wenn es um unangenehme Dinge geht, dass wir eher beigebracht bekommen, ne, das macht man nicht, ne. Hinterher fühlt sich da jemand auf den Schlips getreten und kann aber dann dazu führen, wenn man das dann übertreibt, mit dem nicht direkt ansprechen, dass man dann seinem Message überhaupt nicht rüberkommt, das, was uns im Coaching ja auch tatsächlich begegnet, also wenn man mit Führungskräften arbeitet, dass die sagen irgendwie, red ich und red ich und red ich, aber… mein Team macht nicht das, was ich will. Und auch im Zwischenmenschlichen, dass wir vielleicht, wir hatten gerade noch eine Sendung zum Thema Wertschätzung aufgenommen, dass meine Wertschätzungs- äußerungen vielleicht gar nicht richtig rüberkommen, weil ich auch nicht in der Lage bin, das direkt auszudrücken. Dass ich vielleicht auch ein Lob gar nicht direkt sagen kann. Du hast jetzt gerade
Jan:
Mmh.
Björn:
hier das Beispiel gesagt. Ich habe gesagt, ich fühle mich so manipuliert, weil ich natürlich merke, was verpackt der da eigentlich Komisches. Weil ich denke irgendwie, das passt alles nicht zusammen und dann habe ich ein unbehagliches Gefühl dabei.
Jan:
Ja, wir müssen uns trennen, aber es liegt nicht an dir.
Björn:
Also die Prägung… ja, ja, genau so was. Also das… ja, ja, aber das ist genau so was. Man hat eine unglaublich negative Aussage. Das ist ein super Beispiel, finde ich. Ich will mich trennen, aber anstatt zu sagen, du passt nicht zu mir oder du bist nicht der richtige für mich, sagen wir, es liegt an mir.
Jan:
Ja, aber jetzt kommt es. Jetzt würde ich sagen, eigentlich ist ja auch diese Aussage nicht ganz verkehrt, sondern die Botschaft ist doch, ich habe für mich entschieden, dass wir nicht kompatibel sind in der Kombination.
Björn:
Ja, ja, ja, genau. Ja, aber ist natürlich auch wieder hintenrum durchs Nadelöhr ausgedrückt.
Jan:
So.
Björn:
Aber das ist dieser…
Jan:
Nein, das ist nicht. Also, weil tatsächlich finde ich die Wahrnehmung davon, ob jemand der Richtige für etwas ist, ja oder nein, die kann ich ja quasi nur aus meiner Perspektive treffen. Es kann ja sein, dass das Gegenüber sagt, nee, das sehe ich aber ganz anders. Ich bin auf jeden Fall der Richtige für dich. Das heißt, da treffen dann quasi zwei Realitäten aufeinander, aber es wird ja quasi immer dann
Björn:
Ja ja.
Jan:
entwaffnet, wenn ich eine Ich-Botschaft draus mache. Und die kann ja auch direkt sein. Also, ich bin der Meinung, wir passen nicht zusammen. und deshalb möchte ich mich trennen. Das ist klar. Das heißt aber nicht du bist doof und das heißt auch nicht es liegt nicht an dir verpackt, sondern das heißt ich möchte das nicht Punkt. So, das ist meine Entscheidung. Das ist ja legitim.
Björn:
Ja.
Jan:
Auch hart, aber legitim.
Björn:
Ja, du, ja, natürlich, du sagst, das ist legitim, aber vielen fällt es ja schwer, ihre eigene Meinung als legitim zu empfinden und auch so zu kommunizieren. Und das ist ja genau der Punkt. Also ich habe damals noch diesen schönen Satz, warum wollt ihr eigentlich alles in Watte packen, bin ich mit mir sehr ins Gericht gegangen und habe dann tatsächlich überlegt,
Jan:
Mhm. Ich auch.
Björn:
ja, habe dann tatsächlich überlegt, warum mache ich das eigentlich? Also warum bin ich dann in solchen Situationen oft nicht in der Lage, ganz klar zu sagen, das ist ein Hirngespinst?
Jan:
Mhm.
Björn:
Oder das ist der Holzweg. Gut, wir als Coaches sind eigentlich ja auch nicht dazu da, Ratschläge zu geben und solche Bewertungen abzugeben, aber manchmal muss man es ja tun. Also wenn man ein Coaching hat mit jemandem mit völlig überzogenem, sagen wir mal als Beispiel, es kommt jemand, der unheimlich jung ist, der ganz überzogene Vorstellung davon hat, wie er in den Beruf einsteigt, ein Thema Berufswahlcoaching oder so, dann ist es vielleicht… Auch unsere Aufgabe, einmal vielleicht zu formulieren, dass das nicht der richtige Einstieg ist, dass es sehr schwierig werden wird, so einzusteigen. Und da, wenn man sich da dann schwer tut, so was zu formulieren, steht man ja auch dem Coachee im Weg, weil man da die Einordnung nicht richtig trifft.
Jan:
Also da sprichst du jetzt einen ganz interessanten Aspekt an, weil das natürlich genau auch die Frage ist, was ist das Selbstverständnis als Coach in dem Zusammenhang. Denn einerseits ist man als Coach dafür da, den Coachee zu unterstützen, die Ziele zu erreichen. Und andererseits ist man aus meiner Sicht auch ein Stück weit dafür da, den Realitätsabgleich mitzumachen. Also was ist quasi auch realistisch in dem Zusammenhang?
Björn:
Hm.
Jan:
Also ich finde, man darf sich sehr ambitionierte Ziele setzen. Muss ich halt nur darüber im Klaren sein, dass halt je ambitionierter ein Ziel ist, unter Umständen auch das Risiko steigt, dass auch ein Ziel verfehlt werden kann. Also ich kann quasi alles dafür tun, aber muss das dann auch mit berücksichtigen. Aber klar, das ist dann im Prinzip auch der Punkt, dass man dann vielleicht jemandem auch direkt sagen muss. dass das eventuell unrealistisch ist. Aber auch da ist natürlich die Frage, aus welcher Brille ist das unrealistisch? Also bin ich da vielleicht auch selbst befangen in meiner eigenen Wahrnehmung, weil ich vielleicht gar nicht den ganzen Kontext kenne, den man gegenüber kennt. Da kann man ja auch Fragen dran gehen im Prinzip. Aber das ist natürlich jetzt diese spezielle Situation im Coaching. Und wir bewegen uns jetzt nicht nur im Coaching, sondern es gibt ja… den Großteil des Lebens, der sich außerhalb von Coaching-Beziehungen abspielt, zum Glück.
Björn:
Dank.
Jan:
Genau. Und hier ist ja auch immer die Frage, wie kommuniziert man und wie geht man davor? Und tatsächlich ist es so, dass halt die Frage ist, was möchte man erzielen? Das Interessante ist, wenn ich darüber nachdenke, in dem Moment, wo man überhaupt nachdenkt über direkte Kommunikation, indirekte Kommunikation, wie kommuniziere ich überhaupt, kommuniziert man ja eigentlich nicht mehr ganz natürlich, sondern ich… treffe eine bewusste Entscheidung, wie ich kommuniziere. Klar ist es so, dass wenn ich bestimmte Techniken trainiere, dass sie irgendwann immer natürlicher werden und dass ich das dann irgendwann auch natürlich einsetze. Aber es ist dann zumindest eine bewusste Entscheidung in dieser Entwicklung. Genauso ist es irgendwo erstmal ein bewusstes Einsetzen von Kommunikationstechniken mit dem Ziel, etwas zu erreichen. Darüber muss man sich auch erstmal im Klaren sein. Damit ich etwas erreiche, muss ich wissen, wie tickt mein Gegenüber. Also einerseits muss ich wissen,
Björn:
Genau.
Jan:
was sind meine eigenen Beweggründe und warum neige ich dazu zum Beispiel eher nicht direkte Antworten zu geben oder warum sage ich immer direkt, was Sache ist, woher kommt das und andererseits muss ich wissen, wie kommt es beim Gegenüber an, wenn ich wie kommuniziere und was bewegt diese Person. Das heißt, es ist schon eine relativ komplexe Angelegenheit, wenn man hier ganz bewusst… in direkte Kommunikation einsetzen möchte.
Björn:
Ja, und es ist natürlich, du sagst es, ganz gefährlich, weil man dann auch, also nicht gefährlich, aber es besteht die Gefahr, dass man sehr, dass man an Authentizität verliert, weil man vielleicht gar nicht mehr so kommuniziert, wie man eigentlich empfindet, sondern es komplett als Werkzeug einsetzt. Das ist ja auch in vielen Gesprächen legitim. Also ich denke jetzt an so Personalgespräche oder sowas, wo man vielleicht auch sehr bewusst sich überlegt, okay, welche Form von Führung… Wende ich gerade an, bin ich gerade sehr direktiv oder bin ich eher der Supporter, der Coach, der vielleicht über indirekte Kommunikation zum Nachdenken anregt, der neue Impulse gibt, solche Sachen, das kann man natürlich sehr bewusst machen. Aber es wird natürlich die Gefahr, wenn man es übertreibt, dass es nicht authentisch ist. Ich glaube, worüber wir uns einig sind, jetzt auch so im Austausch, ist, dass weder indirekte noch direkte Kommunikation etwas Positives oder Negatives ist, sondern irgendwie beides seinen Stellenwert hat. Und die Frage halt, sich eigentlich stellt, hat man persönlich eine Tendenz in die eine oder in die andere Richtung? Und ist das in manchen Situationen hinderlich? Und daran kann man ja arbeiten. Ist ein sehr persönliches Thema, glaube ich, weil das hat, wie gesagt, mit Prägung auch zu tun, ganz viel mit Elternhaus und und und, Werten. Aber dass man… insofern dran arbeitet, dass man sich fragt, warum kann ich nicht direkt sein oder warum kann ich nicht indirekt sein? Warum bin ich immer wie so ein Presslufthammer, wenn ich solche Gespräche führe und kann es eigentlich nicht anders verpacken? Also es gibt kein Positiv und kein Negativ dabei. Es hat nur alles seine Grundrunde, alles seinen Platz und seinen richtigen Ort und vor allem auch, wie bei allem, was Kommunikation ist, das passende Gegenüber. Also wenn ich jetzt jemanden vor mir sitzen habe, der …
Jan:
Mhm.
Björn:
sensibel ist, der vielleicht sofort versteht, wenn eine Kritik auch nur ansatzweise indirekt formuliert wird, ist es vielleicht eine ganz schlechte Idee da, wie so ein Vorschlaghammer hinzugehen und sagen so und so und so und so. Sondern muss man da vielleicht eher wie ein Coach denken und sagen, okay, ich arbeite mal mit Reframing, mit einem Perspektivwechsel, wie sieht man das von außen, was du machst und solche Geschichten. Und wenn ich das nicht einschätzen kann, wenn ich mich da nicht gut selber kenne und nicht selber unter Kontrolle habe, dann habe ich ein Thema.
Jan:
Ja. Und es gibt ja quasi auch in dem Zusammenhang neben jetzt der rein persönlichen Ebene und dem individuellen gibt es auch teilweise kulturelle Geschichten. Beispielsweise wenn du jetzt in den asiatischen Raum gehst oder sowas, dann da wird Kritik in der Regel deutlich mehr verpackt, weil es als persönliche Beleidigung auch aufgefasst wird unter Umständen. Und so hat man da im Prinzip ja neben, wir haben ja gerade schon gesagt, Prägung, also neben quasi individuellen Themen auch noch kulturelle, die da auch noch mit reinspielen. ist also unheimlich komplex da auch wirklich so zu agieren, dass man, sag ich mal, gut zum Ziel kommt. Und gut meine ich jetzt quasi für alle Seiten gut in diesem Zusammenhang.
Björn:
Wo du den asiatischen Raum einsprichst, fällt mir auch ein, wie tief da eine kulturelle Prägung auch ist, weil du da in manchen Ländern ja auch das Phänomen hast, dass die nicht sagen können, dass sie etwas nicht wissen. Also das ist, wenn du da jemanden nach dem Weg fragst, kriegst du irgendeinen und der weiß den Weg nicht, dann kriegst du niemals zu hören, weiß ich nicht, sondern dann kriegst du irgendeinen Weg beschrieben, aber nicht den, den du brauchst, weil das für die ein totaler Gesichtsverlust wäre, in dem Moment zu sagen, das weiß ich nicht.
Jan:
So wie bei ChatGPD.
Björn:
Richtig. Das ist ein guter… Ja, stimmt. ChetGPT sagt irgendwie nie, weiß ich nicht. Da kommt immer irgendwas. Ja, also was können wir denn für eine Schlussfolgerung daraus ziehen, wenn wir jetzt das Thema heute abrunden wollen?
Jan:
Also ich würde sagen, die Schlussfolgerung ist, es macht Sinn, sich bewusst zu sein, wohin die eigene Tendenz geht in der Kommunikation. Also ist man eher geneigt, direkt zu kommunizieren oder indirekt. Und in welchen Situationen fällt es auch schwer, entweder direkt oder indirekt zu kommunizieren und warum, woher kommt das, also sich das mal bewusst zu machen. Ich glaube, das ist quasi ein erster Schritt. der unheimlich hilft, um sich mal selbst zu verstehen, auch zu verstehen, wie funktioniert meine eigene Kommunikation mit anderen. Und der nächste Punkt ist tatsächlich, daran zu arbeiten, wenn man das möchte, um erfolgreich zu kommunizieren, dass man das auch selbst ein Stück weit modulieren kann. Also so einsetzen kann, wie es der Situation und meinem Gegenüber angemessen ist.
Björn:
Richtig. Hab ich gar nicht zu ergänzen. Ich glaube, das ist das Entscheidende, dass man sich da selbst sehr gut kennenlernt, lernt sich selbst zu moderieren auch und vielleicht auch so ein bisschen trainiert, unangenehme Situation, die für einen unangenehm sind, wo man vielleicht in die eine oder andere Richtung tendiert, anders Hand zu haben, weil es dann vielleicht zielführende ist. Jan, ich bedanke mich für dieses direkte Gespräch, für diesen direkten Austausch und ich nehme mir die Kritik, die verpackte Kritik, sehr zuerst, die du am Anfang formuliert hast. Alles ist gut. Wir bedanken uns bei euch ganz direkt für euer Zuhören, eure Treue. Freuen uns, wenn ihr bei uns bleibt und sagen bis zum nächsten Mal. Ciao.
Jan:
Auf Wiederhören!