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Aufschieberitis — wie man Prokrastination beheben kann

Auf­schie­be­ri­tis – auch als Pro­kras­ti­na­ti­on bekannt – gibt es in unter­schied­lichs­ten Aus­prä­gun­gen. Bekannt sind klei­ne Aus­wüch­se, wie das immer wie­der vor sich her­schie­ben den Müll her­aus­zu­brin­gen. Auf­schie­be­ri­tis kann aber zu mas­si­ven Pro­ble­men füh­ren, wenn wirk­lich wich­ti­ge Din­ge immer wie­der ver­scho­ben wer­den. Die Ursa­chen sind hier jedoch viel tie­fer ver­an­kert als man meint, ein simp­les „mach doch mal“ – hilft auch nicht. Auch die oft ange­führ­te Faul­heit ist hier meis­tens nicht der Aus­lö­ser.
In die­ser neu­en Fol­ge von Coach&Coach gehen Jan Gus­tav Fran­ke und ich dem chro­ni­schen Auf­schie­ben auf den Grund, und geben auch ein paar Tipps zur Selbst­hil­fe – auch wenn Coa­ching hier oft eine gute Idee ist.

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Hier die Tran­skrip­ti­on des Pod­cast:

Jan
Herz­lich will­kom­men zu einer neu­en Fol­ge von Coach und Coach mit Björn Bob­ach. Hal­lo Björn…

Björn
Hal­lo Jan!

Jan
…und mir Jan Fran­ke! Ich freue mich, heu­te zu spre­chen über ein The­ma, das man auch umrei­ßen könn­te mit einem Mot­to oder einem Sinn­spruch. Was du heu­te kannst besor­gen, das ver­schie­be nicht auf mor­gen. Oder etwa doch? Wir spre­chen näm­lich heu­te über Pro­kras­ti­na­ti­on, auch bekannt als Auf­schie­be­ri­tis. Etwas, das wahr­schein­lich den meis­ten Per­so­nen da drau­ßen sehr geläu­fig sein dürf­te. Björn Auf­schie­be­ri­tis. Kennst du das bestimmt nicht, oder?

Björn
Nein, nein, ich schie­be nie etwas. Quatsch. Natür­lich ken­ne ich das. Das ken­ne ich sowohl von mir sel­ber als auch von ganz vie­len Leu­ten um mich her­um. Im Gro­ßen und im Klei­nen. Von Kli­en­ten ken­ne ich das. Das ist, glau­be ich, wenn man es jetzt als Krank­heit begreift. Wir haben ja im Vor­ge­spräch eben schon eine ganz span­nen­de Ent­de­ckung gemacht, die wir, glau­be ich, gleich mal tei­len müs­sen, die ich wirk­lich fas­zi­nie­rend fin­de. Aber wenn man das jetzt irgend­wie als etwas Krank­haf­tes begrei­fen wür­de, dann ist es eine Volks­krank­heit, wür­de ich sagen.

Jan
Ja, also ich glau­be, es hat sich ver­än­dert. Also wenn man tat­säch­lich Pro­kras­ti­na­ti­on auch defi­niert als tat­säch­lich patho­lo­gi­sche Stö­rung des extre­men Auf­schie­ben, dann ist das natür­lich schon ziem­lich star­ke Form. Aber es hat halt eben über die letz­ten Jah­re auch ein­fach den Weg gehen Volks­mund gefun­den. Und so sagt man jetzt eigent­lich immer, wenn man gera­de kei­ne Lust hat, irgend­was zu tun. Nicht pro­kras­ti­nie­ren. Ob das tat­säch­lich Pro­kras­ti­na­ti­on ist? Im eigent­li­chen Sin­ne, ursprüng­lich beim kli­ni­schen Sin­ne, ist viel­leicht noch mal auf einem ande­ren Blatt Papier. Aber grund­sätz­lich geht es ja dar­um, dass man Din­ge auf­schiebt und das eigent­lich eher regel­mä­ßig als eine Aus­nah­me.

Björn
Und mit komi­schen Begrün­dun­gen. Das ist, glau­be ich, auch Begrün­dung. Ich glau­be, das ist, das ist auch eine ganz ent­schei­den­de Geschich­te, dass man Din­ge auf­schiebt, wo es eigent­lich über­haupt kei­nen tat­säch­li­chen ratio­na­len Grund gibt und man sich aber Grün­de sucht, war­um man es immer wie­der vor sich her­schiebt. Aber was ich ger­ne ein­mal tei­len möch­te, ist die Defi­ni­ti­on, die du eben raus oder gefun­den hast und wo wir bei­de auch über­rascht waren. Tat­säch­lich ist, dass es eine eine Pro­kras­ti­na­ti­on Ambu­lanz in Müns­ter gibt.

Jan
Zumin­dest habe ich das beim Goog­len gefun­den.

Björn
Also das heißt, das eine, ich neh­me an irgend­ei­ner psy­cho­lo­gi­schen Insti­tu­ti­on. Da gibt es also eine Ambu­lanz, wo Men­schen hin­ge­hen kön­nen, die ein patho­lo­gi­sches Auf­schie­bung ver­hal­ten haben. Aber viel­leicht fan­gen wir ein­mal damit an, was eigent­lich Auf­schie­ben Ess­ver­hal­ten grund­sätz­lich ist. Also wenn ich jetzt zum Bei­spiel sage, ich muss eigent­lich ein­kau­fen gehen, also mein Kühl­schrank ist leer, ich schaff das heut aber nicht, mach ich mor­gen. Ist das schon Pro­kras­ti­na­ti­on?

Jan
Tja, also ich glau­be nicht, dass es grund­sätz­lich so ist, dass jedes Auf­schie­ben oder ein Prio­ri­sie­ren, so könn­te man das ja auch nen­nen tat­säch­lich auf eine Auf­schie­be­ri­tis in der Pro­kras­ti­na­ti­on ist. Also es gibt ja genug Grün­de, war­um man etwas prio­ri­siert. Also wir haben einen Plan, aber die Rah­men­be­din­gun­gen ändern sich aus wel­chen Grün­den auch immer. Und dann ist es ja eigent­lich sogar eine posi­ti­ve Eigen­schaft, wenn man um prio­ri­siert und den Plan umwirft und nicht da ganz starr dar­an fest­hält. Egal was pas­siert, wenn man sagt Das muss jetzt so sein. Das wäre ja irgend­wo ein Stück weit auf­fäl­lig, unter Umstän­den. Und inso­fern wür­de ich sagen Nein, nur weil man etwas auf­schiebt und nur mal so ist. Das glau­be ich kei­ne Pro­kras­ti­na­ti­on in die­sem Sin­ne.

Björn
Aber wie kön­nen denn unse­re Zuhö­rer dann erken­nen, ob sie ein, ob sie pro­kras­ti­nie­ren oder nicht?

Jan
Da gibt es sicher­lich Indi­ka­to­ren, die dar­auf hin­wei­sen. Und das ist, wenn es grund­sätz­lich schwer­fällt, über­haupt etwas zu Ende zu brin­gen. Also das eine ist qua­si das vor sich Her­schie­ben, das man nicht anfängt. Das ist qua­si die, die. Der eine Punkt, aber der ande­re Punkt, der auch auf­fäl­lig sein kann in dem Zusam­men­hang ist, wenn man auch ja Pro­ble­me damit hat, etwas abzu­schlie­ßen, tat­säch­lich zum Ende zu brin­gen. Das sind, das kann sich in unter­schied­li­chen Din­gen zei­gen. Das kann sich auch in einer Form von Prü­fungs­angst zum Bei­spiel zei­gen, dass man sich gar nicht erst traut, zur Prü­fung zu gehen, obwohl man sich unter Umstän­den vor­be­rei­tet hat. Das kann sein, dass man Sor­ge hat, eine Haus­ar­beit abzu­ge­ben fürs Stu­di­um oder für die für die Schu­le, weil man denkt, es ist ein­fach noch nicht per­fekt, es ist nicht rich­tig. Und das kann auch in ande­ren Din­gen so sein, dass man halt eben ein­fach denkt, man fin­det nicht das rich­ti­ge Geschenk, man kann sich nicht ent­schei­den. Man weiß nicht, was jetzt hier wirk­lich das Opti­ma­le ist.

Jan
Und da habe ich gera­de schon einen Begriff genannt und das ist, das ist nicht per­fekt.

Björn
Du hast mich lachen sehen, auch als du das Opti­ma­le gesagt hast. Wir sehen uns ja, wäh­rend wir das auf­zeich­nen. Ja, ja, genau. Das ist, glau­be ich, ein ganz ent­schei­den­der, ent­schei­den­der Punkt. Also das, was ich eben gesagt habe als Bei­spiel Ich gehe heu­te nicht ein­kau­fen, ich schaf­fe das nicht. Mache ich mor­gen. Ist ja ein ganz nor­ma­ler all­täg­li­che Situa­ti­on, die tat­säch­lich auch gesund ist, so auch zu ent­schei­den. Also wenn ich jetzt noch in den vol­len Super­markt gehe, abends um sechs, das tut mir über­haupt nicht gut, das mache ich lie­ber ent­spannt. Mor­gen ist eine gesun­de Ent­schei­dung. Und ich glau­be, da wird, wür­de man nicht von Pro­kras­ti­na­ti­on spre­chen. Ich glau­be tat­säch­lich, genau wie du es beschrie­ben hast, dass eine ein ganz ent­schei­den­der Fak­tor ist, dass die­se Auf­schie­bung über einen län­ge­ren Zeit­raum immer wie­der statt­fin­det und genau durch die­se bei­den Cha­rak­te­ris­ti­ka gekenn­zeich­net ist. Näm­lich Din­ge nicht anfan­gen oder Din­ge nicht been­den. Prü­fungs­angst hast du schon auf­ge­führt. Und Din­ge nicht anfan­gen, aus denen den ver­rück­tes­ten Grün­den, sage ich mal, die man da sucht.

Björn
Also habe ich auch schon mal erlebt, dass ich was star­ten woll­te und dann gemerkt habe Das ist absurd. Ich suche ja gera­de nur nach Grün­den, war­um ich es nicht star­te, anstatt es ein­fach zu machen. War­um eigent­lich? Und die­se Fra­ge War­um eigent­lich? Da, die ist ganz ent­schei­dend. Weil eigent­lich ist ja eine Pro­kras­ti­na­ti­on ein Ver­mei­dungs­ver­hal­ten. Also ich ver­mei­de ja, etwas zu begin­nen. Oder ich ver­mei­de mich einer Prü­fung zu stel­len, etwas abzu­schlie­ßen. Und war­um tue ich das? Und ich glau­be, da ist die­se Geschich­te mit dem Per­fek­tio­nis­mus, mit dem Opti­ma­len ein ganz guter Indi­ka­tor, weil sehr häu­fig begeg­net uns das ja, wenn es da eine. Einen Anspruch an sich selbst gibt oder ein ich sag mal ein Vor­bild gibt, so ganz vor­sich­tig for­mu­liert, das viel­leicht uner­reich­bar ist, dass das, wenn man es mit mit nor­ma­len Mit­teln errei­chen wür­de, eigent­lich fast schon unmög­lich ist. Also eine idea­li­sier­te, ein idea­li­sier­ter Zustand, den man gar nicht errei­chen kann. Und das hält einen natür­lich ab, weil man schei­tert ja sowie­so. Das denkt man in dem Moment nur lei­der nicht, weil man ver­mei­det, man sucht nach ande­ren Grün­den, war­um man es nicht star­tet.

Jan
Ja. Und das ist auch der Punkt, dass. Es hat, dann genau zum The­ma wird, wenn man dann die Sor­ge, wenn die Sor­ge so groß ist, dass man die­sem Anspruch nicht genügt. Das kann ja ein eige­ner Anspruch an sich selbst sein. Das kann irgend­ein Vor­bild genannt aus der Fami­lie oder Freun­des­kreis oder wie auch immer man sagt, das muss eigent­lich min­des­tens so sein, das kann auch im Kol­le­gen­kreis sein, unter Umstän­den. Das kann aber auch natür­lich eine Erwar­tungs­hal­tung sein, die viel­leicht sogar for­mu­liert wird oder die man denkt, dass ande­re die von einem haben, also eine sol­che Erwar­tungs­hal­tung, der man unbe­dingt gerecht wer­den möch­te, dass man ein per­fek­tes Bild oder so etwas abgibt. Und das führt dann natür­lich auch zu men­ta­lem Stress, der sich auch kör­per­lich aus­wirkt, denn man hat dann Sor­ge, das abzu­ge­ben. Oder man hat Sor­ge, etwas zu Ende zu brin­gen oder auch anzu­fan­gen und schiebt das dann immer wei­ter vor sich her. Und oh Wun­der, was pas­siert da? Letz­ten Endes ist es dann so, dass natür­lich die Zeit zur Bear­bei­tung immer weni­ger wird.

Jan
Und letz­ten Endes dann natür­lich der gro­ße Stress los geht, um es dann halt doch noch irgend­wie hin­zu­be­kom­men. Weil teil­wei­se kann man sich ja den Din­gen auch nicht ent­zie­hen und dann hat man unter Umstän­den sich ganz geschickt auch selbst eine Aus­re­de geschaf­fen, wenn es nicht so toll wird, denn in der Kür­ze der Zeit war es ja gar nicht mög­lich. Und so bringt man sich dann da qua­si selbst in die­ses Spiel hin­ein. Es gibt ganz vie­le Men­schen, die auch sagen Ich brau­che den Druck. Ja, damit sie etwas hin bekom­men. Und das kann auch etwas am Ran­de damit zu tun haben, dass man sagt Also erst dann sehe ich sozu­sa­gen, dann irgend­wann habe ich die­se akti­ve Ener­gie, dass ich es halt doch noch irgend­wie machen muss, auch wenn man es vor­her schon unter Umstän­den ent­spann­ter hät­te tun kön­nen. Also es sind eigent­lich zwei Aspek­te in dem Zusam­men­hang oder ver­schie­de­ne Aspek­te. Das eine ist die Ver­mei­dung von unan­ge­neh­men Situa­tio­nen, von Tätig­kei­ten, dass man damit auch auf­schiebt. Und das kann natür­lich dann eben in die­sem Zusam­men­hang eine sol­che Pro­kras­ti­na­ti­on und auch so eine Angst vor der Abga­be dann noch ver­stär­ken.

Jan
Und das kann auch ein zusätz­li­cher Effekt sein in die­sem Zusam­men­hang. Ganz inter­es­sant ist, dass ja gera­de schon gesagt, man kann dann auch mit Zeit­ma­nage­ment oder so etwas arbei­ten. Die Fra­ge ist halt nur in dem Zusam­men­hang, ob das tat­säch­lich die Lösung ist in die­sem Kom­plex.

Björn
Ja, da habe ich eine kla­re Mei­nung zu, die du kennst. Was man ganz häu­fig online fin­det, wenn man danach sucht. Da sind dann die­se Selbst­ma­nage­ment Gurus. Sagen wir es mal so wie es ist. Also es gibt ja genug, die dann sagen, wenn du immer wie­der auf­schiebt, dann mach es so wie ich, dir fehlt nur das Ziel. Du musst das mit mei­nem Wochen­plan machen oder mit mei­nem täg­li­chen, mit mei­nem täg­li­chen Ablauf. Also die qua­si ver­su­chen dann den eige­nen Dai­ly Work­flow qua­si auf einen ande­ren zu über­tra­gen. Und das ist gefähr­lich, weil das natür­lich für jeman­den, der unter Auf­schie­be­ri­tis lei­det, in Anfüh­rungs­stri­chen, also jemand, der eigent­lich etwas immer wie­der vor sich her schiebt, aus dem Grund, dass er etwas nicht gerecht wird. Also aus die­ser Angst zu schei­tern oder es nicht so per­fekt hin­zu­krie­gen, wie er glaubt, ist natür­lich unglaub­lich emp­fäng­lich für so einen, so einen Selbst­dar­stel­ler, der sagt Ich schaff das alles und du musst es nur machen wie ich. Da klam­mert man sich dann ja dran. Und das Fata­le ist, dass es nur ein biss­chen Puder­zu­cker ist, ein biss­chen Sym­ptom­be­kämp­fung ist, aber nicht an die Ursa­che geht.

Björn
Da traut sich natür­lich kei­ner von die­sen Gurus ran, weil das ist ja kom­pli­ziert und das kann man nicht auf die Mas­se ver­tei­len. Das ist ein sehr indi­vi­du­el­les The­ma, wo war­um es so ist, dass man unbe­dingt Per­fek­ti­on errei­chen muss, war­um es so ist, dass man Angst hat zu schei­tern. Also die­ses die­se Selbst­ma­nage­ment Geschich­ten und die­ses, ja, ich nen­ne das auch manch­mal Coli­tis, also Coli­tis, Auf­schie­be­ri­tis, das ist ist wirk­lich gefähr­lich. Das ist, das ist dann das Nächs­te, dass jemand Angst hat, etwas nicht hin­zu­krie­gen oder viel­leicht mal nicht hin­ge­kriegt hat. Und dann ver­sucht ein Selbst­ma­nage­ment Tool nach dem ande­ren auch ein digi­ta­les Tool. Ich mei­ne jetzt Task Lis­ten Mana­ger, irgend­wel­che Pro­zess­op­ti­mie­rung, ob es Kan­ban ist oder Scrum oder was auch ich, was weiß ich für Prin­zi­pi­en. Alles für sich aus­pro­bie­ren, weil sie mei­nen, das ist jetzt das Heil, das ist jetzt das, was mich da hin­bringt, nicht mehr auf­zu­schie­ben. Und dann, nach einer Woche, sind Sie ganz frus­triert, weil Sie sind genau da, wo sie ange­fan­gen haben.

Jan
Wobei man natür­lich sagen muss, grund­sätz­lich erst mal zu ver­su­chen, etwas Struk­tur rein­zu­be­kom­men in den All­tag, kann ja auch durch­aus hel­fen. Also natür­lich als eine sol­che Maß­nah­me, wenn man fest­stellt, man neigt dazu oder man bekommt sei­ne Tätig­keit nicht hin, wür­de ich immer als ers­tes sagen Da hast du, dann hast du eine Struk­tur, mit der du arbei­test, rich­tig Mög­lich­kei­ten für dich oder hast du die Fähig­keit zu prio­ri­sie­ren? Gibt es da Tech­ni­ken, die du dir aneig­nen kannst? Da gibt es ja ganz, ganz vie­le tol­le Werk­zeu­ge, mit denen man da arbei­ten kann und die auch unheim­lich viel emp­fun­de­nen Stress dann wie­der­um weg­neh­men kön­nen. Also wenn man wirk­lich noch mal prio­ri­sie­ren hat, was ist denn jetzt über­haupt für den Moment wich­tig, was kann even­tu­ell auch noch bis mor­gen war­ten? Und man dar­über dann im Prin­zip ein biss­chen mehr sich Frei­raum ver­schafft und eben die­se Mög­lich­kei­ten nutzt. Aber wenn man an den Punkt kommt, dass alles eigent­lich per­fekt orga­ni­siert ist und ist dann halt immer noch so schwer fällt und das auch im Lei­dens­druck zu tun hat irgend­wo, dass man die Din­ge nicht abge­ben kann oder nicht anpa­cken kann.

Jan
Dann ist wirk­lich die Stun­de, an der man dann wahr­schein­lich rea­li­sie­ren kann, soll­te oder muss, dass es viel­leicht nicht nur am Zeit­ma­nage­ment liegt, son­dern dass eben auch ande­re Din­ge dahin­ter ste­cken kön­nen.

Björn
Ja, natür­lich hilft eine Struk­tur und natür­lich hel­fen Tools. Ich bin ja auch ein ganz gro­ßer Ver­fech­ter von ein­fach zu nut­zen­den digi­ta­len Tools, die einem wirk­lich viel, viel Stress auch neh­men kön­nen. Da bin ich ganz bei dir. Nur ist es halt nicht das Heil­mit­tel, wenn es um eine chro­ni­sche Auf­schie­be­ri­tis geht. Also wenn es dar­um geht, dass man wirk­lich immer wie­der merkt, dass man Din­ge nicht anfängt oder nicht zu Ende bringt. Dann hilft kein Tool. Dann muss man sich wirk­lich die Fra­ge stel­len War­um ist das? War­um traue ich mich das nicht? Was hält mich wirk­lich davon ab? Und das ver­langt sehr viel Selbst­re­fle­xi­on. Ich möch­te ger­ne aber auf eine Sache ein­ge­hen, die mir ganz wich­tig ist. Und das ist der inne­re Schwei­ne­hund, den wir bei­de ja schon mal ken­nen­ge­lernt haben per­sön­lich unse­re inne­ren Schwei­ne­hun­de in unse­rer Aus­bil­dung. Weil ich fin­de es ganz wich­tig, da zu unter­schei­den zwi­schen wirk­lich einer Pro­kras­ti­na­ti­on Pro­kras­ti­na­ti­on The­ma oder einem viel­leicht nicht ganz har­mo­ni­schen Ver­hält­nis zu dem inne­ren Schwei­ne­hund. Weil inne­ren Schwei­ne­hund hasst du doch auch, oder?

Jan
Ich? Nein.

Björn
Neeeeein!

Jan
Tages­form abhän­gig.

Björn
So. Und ich glau­be tat­säch­lich, das ist etwas, was sich vie­le gar nicht zuge­ste­hen. Also zumin­dest höre ich das manch­mal so, wenn ich Unter­hal­tun­gen lau­sche oder auch mit Kli­en­ten. Nein, ich habe kei­nen inne­ren Schwei­ne­hund. Ich bin immer pro­duk­tiv. Und da wer­de ich stut­zig, weil das kann ich mir fast nicht vor­stel­len. Kennst du jeman­den, der wirk­lich kei­nen inne­ren Schwei­ne­hund hat, der mal sagt Komm heu­te mal die Füße hoch?

Jan
Also ich ken­ne durch­aus Men­schen, die, die sehr, sehr aktiv sind und. Da viel­leicht unter­schied­li­che Polen, aber ich glau­be, das ist halt auch indi­vi­du­ell, was einen antreibt, was ein, was einen fas­zi­niert, wor­an man Spaß hat, was man ger­ne machen möch­te, was man viel­leicht eher nicht machen möch­te. Und ich glau­be, das ist ja nicht indi­vi­du­ell. Es ist ja nicht all­ge­mein zu sagen, was The­men sind, die man auf­schiebt und The­men sind, die man ger­ne macht. Es gibt Men­schen, die lie­ben Steu­er­erklä­run­gen, die kön­nen das gar nicht abwar­ten, los­zu­le­gen und sich das Geld wie­der zu holen vom Staat.

Björn
Oder noch mehr.

Jan
Und dann gibt es Men­schen, die schie­ben das qua­si bis zur letz­ten Sekun­de. Und das heißt, man kann es gar nicht ver­ein­heit­li­chen. Ich glau­be das schon, dass das sehr, sehr, sehr unter­schied­lich ist. Die Aus­prä­gun­gen sind, glau­be ich, sehr indi­vi­du­ell.

Björn
Wor­auf ich hin­aus­woll­te, ist ja, dass man ein har­mo­ni­sches Ver­hält­nis zu sei­nem inne­ren Schwei­ne­hund braucht, weil der ist ja auch okay, der ist ja Teil von und da sind wir dre­hen uns ja qua­si immer so ein biss­chen in den glei­chen Krei­sen. Der ist ja auch ein Teil von unse­rem inne­ren Team. Der ver­langt uns dann halt auch mal ab, dass wir mal faul sind, dass wir auch mal bewusst nichts tun, um uns zu rege­ne­rie­ren. Wie nach einem guten Sport Trai­ning, um neue men­ta­le Kraft auch zu schöp­fen. Und das ist total in Ord­nung und das muss man unter­schei­den kön­nen von einem patho­lo­gi­schen oder auf­fäl­li­gen Auf­schie­ben Ver­hal­ten. Auch da wie­der ganz viel Selbst­re­fle­xi­on gefragt und sich das auch zuge­ste­hen. Und wenn man sich das nicht zuge­ste­hen kann mit dem inne­ren Schwei­ne­hund und gleich­zei­tig pro­kras­ti­nie­ren, dann hat man den ech­ten klei­nen inne­ren Krieg, wür­de ich sagen.

Jan
Wir hat­ten. Wir hat­ten zu Beginn und im Vor­ge­spräch auch dar­über gespro­chen. Kann man Pro­kras­ti­na­ti­on über­haupt allei­ne ange­hen? Also wenn ich schon etwas tie­fer sit­zen, als wenn es nicht nur um Prio­ri­sie­rung geht, also kann man das allei­ne oder braucht man Unter­stüt­zung in dem Zusam­men­hang wie Sie das?

Björn
Ist eine Typfra­ge. Natür­lich. Ich glau­be, es ist schon schwie­ri­ger, das allein in den Griff zu krie­gen, weil auch das. Also im Prin­zip ist ja Pro­kras­ti­nie­ren und sich immer wie­der neue Aus­re­den zu suchen, war­um man es nicht, war­um man irgend­et­was nicht anfängt oder zu Ende bringt, ist ja ein Ver­mei­dungs­ver­hal­ten. Es gibt ja die­sen schö­nen Satz Ver­mei­dung ist die Wur­zel allen Übels. Und da wirk­lich kom­plett allei­ne raus­zu­fin­den, da die 180 Grad Kur­ve zu schaf­fen und zu sagen So, stopp! Jetzt fra­ge ich mich mal wirk­lich, war­um fan­ge ich ein­fach, fan­ge ich eigent­lich nicht an? Ist ja schon wie­der gefähr­det, dann auch unter Pro­kras­ti­na­ti­on zu lei­den. Also dass man dann das auch wie­der vor sich her­schiebt, weil es ist eigent­lich eine Kon­fron­ta­ti­on ja mit sich selbst. Ich hal­te das für sehr schwie­rig, so ein The­ma wirk­lich ganz allei­ne anzu­ge­hen. Ich glau­be, da kann, da kön­nen gute Gesprä­che hel­fen, bestimmt auch mit Men­to­ren, die viel­leicht mal in einer ähn­li­chen Situa­ti­on ste­cken. Natür­lich kann ein Coa­ching und ein Coach hel­fen. Das ist ja auch ein sehr häu­fi­ges The­ma im Coa­ching.

Björn
Tat­säch­lich die­ses Ich errei­che mei­ne Zie­le ein­fach nie. Und wenn man dann genau hin­hört, kommt ja dann oft vom Kli­en­ten auch so was, das man eigent­lich noch gar nicht ange­fan­gen hat. Oder dass man eigent­lich auf dem glei­chen Punkt vor sich hin tritt und sich nicht traut, den nächs­ten Schritt zu gehen. Das sind ja ganz häu­fi­ge The­men und ich glau­be auch, das wäre nicht so häu­fig im Coa­ching ver­tre­ten, wenn es allei­ne ein­fach zu lösen wäre.

Jan
Ja, also ich fin­de auch, da kann man ja ite­ra­tiv vor­ge­hen. Also wenn man das fest­stellt, dass man die Sys­te­me hat oder dass man damit ein The­ma hat, dann kann man erst mal schau­en, wor­an liegt es denn? Wir haben dar­über gespro­chen. Man kann schau­en, ob man sich selbst orga­ni­sie­ren kann, ob es Tech­ni­ken gibt zum Prio­ri­sie­ren, zum Teil fürs Zeit­ma­nage­ment. Wenn man fest­stellt, das ist eigent­lich nicht gewe­sen, dann kann man auch tat­säch­lich dar­über nach­den­ken, was steckt dahin­ter? Ist es tat­säch­lich ein erhöh­ter Selbst­an­spruch? Ist das Per­fek­tio­nis­mus? Es ist Angst davor, zu schei­tern und des­halb nicht abzu­ge­ben. Und dann kann man auch da in den Selbst­test gehen. Also. Viel­leicht auch mal gucken in Situa­tio­nen, in denen es nicht drauf ankommt. Also wo jetzt nicht gera­de der Topf dran­hängt oder wie auch immer, mal zu sagen, viel­leicht ver­su­che ich es mal mit einer Lösung, die weni­ger ist als 100 oder 120 Pro­zen­tig. Viel­leicht pro­bier es mal mit 80 % und schau mal was pas­siert das man auch da Refe­renz Erleb­nis­se schafft und viel­leicht lernt es pas­siert nichts schlim­mes oder selbst wenn ich glau­be es ist qua­si nicht der Anspruch, den den den ich eigent­lich habe oder der, der von mir erwar­tet wird.

Jan
So ist es ja, dass ich es mal aus­pro­bie­re. Das heißt nicht, dass man irgend­wo jetzt Schrott ablie­fern muss oder jetzt irgend­wie bös­wil­lig etwas tut. Aber dass man viel­leicht mal etwas ver­sucht durch­zu­at­men, immer etwas ent­spann­ter zu sein und mal zu gucken, wie es dann ankommt. Denn auch das ist ja der Punkt, wenn ich mich jetzt, auch wenn man sich Lösun­gen anguckt, jeder kennt auch das Pare­to Prin­zip. Nur mit 20 % des Auf­wands bekom­me ich 80 % des Ergeb­nis­ses und die rest­li­chen 20 % des Ergeb­nis­ses. Dafür brau­che ich nicht noch­mal 80 % des zeit­li­chen Auf­wand ist also da wird es rich­tig schwie­rig. Und wenn ich dann immer 100 % anstre­be oder noch mehr, dann kann ich mir aus­rech­nen, wie viel Zeit ich dafür benö­ti­ge, das alles hin­zu­be­kom­men. Und dann ist es auch kein Wun­der, dass ich ver­schie­de­ne Din­ge nicht hin­be­kom­men kann. Das heißt das es auch noch mal eine Mög­lich­keit wie man es selbst aus­pro­bie­ren kann. Man kann dazu natür­lich lesen, man kann das gera­de schon auch mal mit Freun­den spre­chen und manch­mal hilft es aber auch dann tat­säch­lich mal einen ande­ren Spie­gel in die­sem Zusam­men­hang zu bekom­men.

Jan
Und das kann je nach, je nach Trag­wei­te und so kann das im Freun­des Gespräch, das kann was brin­gen. Es kann auch etwas pro­fes­sio­nel­ler in einem Coa­ching Rah­men erfol­gen. Oder wenn es ganz ganz tief sitzt, dann kann es auch durch­aus sein, dass auch der Coach dann nicht mehr das Mit­tel der Wahl ist, son­dern dass da viel­leicht auch psy­cho­lo­gi­sche Hil­fe oder so was sinn­voll sein kann. Und das ist ja auch wie­der­um eigent­lich das Schö­ne mit dabei. Ich fin­de, das soll­te man auch nicht stig­ma­ti­sie­ren, son­dern in dem Moment, wo man da Unter­stüt­zung erfährt und sich dadurch etwas ver­än­dert und sich dann die Lebens­qua­li­tät bes­sert, dann kann man ja hier tat­säch­lich ein Stück weit auch hei­len, ein Stück weit mehr sich bes­ser füh­len und damit wirk­lich was in das Leben mit hin­aus neh­men. Wie­der also aus die­ser Maß­nah­me und aus die­sen die­se Arbeit dar­an.

Björn
Ja, das hast du schön gesagt. Ich glau­be, wir kön­nen es zusam­men­fas­sen mit, dass man es sehr wohl in den Griff krie­gen kann. Das kann sich sehr wohl ändern. Und ich glau­be, das wäre so mein letz­ter Gedan­ke, dass das, was über­haupt nicht hilft und das weiß eigent­lich jeder, der schon mal was vor sich her­ge­scho­ben hat, ist, wenn ande­re Leu­te sagen Macht doch ein­fach mal! Also das sind, das sitzt halt tie­fer. Weil wenn man ein­fach mal machen könn­te, wür­de man es garan­tiert tun, dass das ist. Ja, das ist das, was jedem eigent­lich sofort ein­leuch­tet, dass 111 ein­fach mal machen, auch wenn es dann viel­leicht im End­ef­fekt ein­fach wäre eben nicht mög­lich ist. Und das kann man aber besei­ti­gen und dann auch sehr ent­spannt sehr pro­duk­tiv sein, ohne immer 100 % errei­chen zu müs­sen. Ja. Ja. Wir hof­fen, das hat euch heu­te gefal­len. Ist ja ein weit­ver­brei­te­tes The­ma. Aber es wür­de natür­lich inter­es­sie­ren, ob ihr auch schon mal pro­kras­ti­nie­ren hat oder ob ihr es in den Griff bekom­men habt.

Björn
Wir freu­en uns über Kom­men­ta­re oder auch The­men­vor­schlä­ge an unse­re Kon­takt­da­ten, die wie immer in die­ser Pod­cast Beschrei­bung ein­ge­bun­den sind wer­fen. Ihr bleibt uns gewo­gen und ich sag auf Wie­der­se­hen und der Jan sagt.

Jan
Auf Wie­der­hö­ren.

Björn
Tschüss.

Jan
Ciao.