In Umfragen zur Arbeitnehmerzufriedenheit taucht immer wieder ein Punkt ganz oben auf: „Ich möchte mehr Wertschätzung von meinem Arbeitgeber spüren!“
Woher kommt das? Und was ist denn wirklich wertschätzend? Warum gelingt es mir nicht? Oder warum kann ich Wertschätzung nicht annehmen?
In dieser Folge von Coach&Coach beschäftigen wir uns also damit
- was Wertschätzung bedeutet
- warum "nur mehr Geld" keine Wertschätzung ist
- weshalb manchmal Wertschätzung auch nicht angenommen werden kann
- wie man wirklich Wertschätzend sein kann - im Berufsleben und privat
Björn:
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Coach & Coach, dem Coaching Podcast mit mir Bjarne Bobach und am anderen Mikrofon, der Jan Gustav Franke. Hallo Jan! Ja, guten Morgen heute zu früherer Stunde, sonst nehmen wir eher abends auf, aber heute
Jan:
Guten Morgen, Björn!
Björn:
sind wir mal früh am Start und ich bedanke mich bei dir dafür, dass das möglich ist. Und damit komme ich auch gleich zum Thema heute, denn wir möchten uns über Wertschätzung unterhalten und wie man mehr wertschätzen kann. Ich möchte auch gleich erklären, wie wir zu diesem Thema kommen. Ich beobachte das immer häufiger in Gesprächen mit Angestellten und Mitarbeitern, aber auch bei Coaching-Klienten, dass es einen Wunsch nach mehr Wertschätzung am Arbeitsplatz gibt. Und eine Beobachtung von mir jetzt, persönlich aber vielleicht kannst du mir das bestätigen, Jan, ist, dass das meistens gekoppelt ist an gib mir mehr Geld, dann fühle ich mich mehr wertgeschätzt. Was sind deine Gedanken dazu?
Jan:
Ich habe den Eindruck, das kommt ganz drauf an, wo man wie unterwegs ist. Das heißt, überall, wo man beruflich natürlich tätig ist, gehört Bezahlung auch mit zum Gesamtpaket dazu. Aber je nach Persönlichkeitsausprägung und vielleicht auch nach Gehaltsklasse, in der man unterwegs ist, hat das Thema Gehalt nur unterschiedlichen Schwerpunkt, ist meine meine Wahrnehmung. Also wenn ich jetzt mal herkomme von dieser Maslowischen Bedürfnispyramide, dann habe ich natürlich erst mal das Bedürfnis, meine Grundbedürfnisse zu stillen, Sicherheitsbedürfnisse und so weiter und so fort, dass also erst mal alles abgesichert ist. Aber irgendwann ist es dann so, dass eigentlich mir ein Euro plus geringeren Grenznutzen bringt. Also irgendwann sind quasi eigentlich alle Dinge erst mal so weit abgesichert, dass ich damit ganz gut über die Runden kommen kann und dann spielt quasi der einzelne Euro nicht mehr so viel Rolle unter Umständen, aber dann kommen natürlich auch andere Punkte mit dazu, die sich dann tatsächlich über oder die dann auch teilweise mit Wertschätzung verknüpft werden, wie irgendwelche besonderen Leistungen, Boni oder keine Ahnung was, aber da sind wir jetzt natürlich schon im speziellen Bereich. unterwegs. Aber grundsätzlich glaube ich, kommt es immer darauf an, in welcher Größenordnung von Gehaltsklasse ist man unterwegs und auch mit was für einer Person hat man zu tun.
Björn:
.. gebe ich dir vollkommen recht. Ich finde es halt gefährlich, die Wertschätzung… .. in einem Unternehmen oder von einem Arbeitgeber an… .. die Entlohnung zu koppeln. Gibt es bei mir zwei Gründe. Zum einen ist es für mich die Beobachtung… .. und das bestätigen mir auch alle, mit denen ich spreche,… .. die ähnliche Gespräche führen,… .. dass eine Gehaltserhöhung sich ganz schnell abnutzt. Also…
Jan:
Mhm.
Björn:
Das ist anfangs ganz toll, dann hat man mehr Netto auf dem Konto. Und dann hat man sich aber nach relativ kurzer Zeit eigentlich wieder daran gewöhnt, weil der Lebenswandel sich natürlich anpasst. Also ich habe mehr Geld, ich gebe in der Regel dann auch mehr Geld aus. Also die meisten, die eine Gehaltserhöhung kriegen, werden das ja nicht sofort aufs Spar-Konto packen. Und dann ist dieser Gewinn eigentlich ganz schnell wieder flöten gegangen, weil dann habe ich mich daran gewöhnt und fühle ich mich dann auf einmal wieder weniger wertgeschätzt, nicht so weit reicht, wie ich es mir vielleicht erwünscht habe. Und die Situation, die grundsätzliche Situation am Arbeitsplatz ist ja gleich geblieben. Ich habe nur mehr Geld. Das Miteinander ist gleich. Die Arbeitsabläufe sind gleich. Das ändert sich alles nicht. Nur ich habe persönlich mehr Geld und ich erlebe es eigentlich immer wieder, dass ich dann das gleiche Gespräch nach spätestens zwölf Monaten nochmal führe und es dann wieder um Wertschätzung geht. Und das finde ich gefährlich. Weil für mich persönlich, aber das ist natürlich auch eine Frage meiner persönlichen Werte, hat Wertschätzung jetzt erstmal bei einem Arbeitgeber nur sekundär mit der Entlohnung zu tun. Ich gebe dir Recht, natürlich ist es wichtig für gute Arbeit auch gutes Geld zu bekommen, aber das muss man halt auch immer in der Relation sehen. Was verdienen andere? Wie viel Erfahrung habe ich? Und, und, und. Und gerade die jungen Leute kommen oft dann auch mit dem Argument, ich fühle mich nicht wertgeschätzt. Und deswegen denke ich, dass die… dass tatsächlich der Hebel, den man ansetzen muss, wenn jemand kommt und sagt, ich fühle mich nicht wertgeschätzt, ein anderer sein muss. Im Umkehrschluss ist es aber auch, glaube
Jan:
Mhm.
Björn:
ich, so, dass das manchmal instrumentalisiert wird, dass man sagt, ich hätte gerne mehr Geld, dann komme ich mal mit dem Argument, ich fühle mich nicht wertgeschätzt, dann werde ich schon mehr kriegen. Denn wenn man dann mit anderen Vorschlägen kommt, wie man die Wertschätzung erhöhen könnte oder mit einem anderen Verhalten an den Tagliedern, ändert sich daran nichts.
Jan:
Mm.
Björn:
Ich bin immer ein Freund von, das machen wir auch noch eine Folge zu, von direkter Kommunikation. Deswegen würde ich eigentlich jedem Arbeitnehmer, der gerne mehr Geld verdienen würde, raten, zu sagen, ich brauche oder ich muss oder ich möchte mehr Geld verdienen. Weil die Wertschätzung ist etwas, was man anders erreicht. Man bringt auch den Arbeitgeber so ein bisschen in Bedrängnis, weil natürlich, wenn ich auf der anderen Seite sitze und höre, man fühlt sich bei mir nicht wertgeschätzt, werde ich vielleicht ein bisschen unruhig und fange an, mir ganz seltsame Verhaltensweisen anzueignen. weil ich mehr Wertschätzung erreichen möchte, die dann am Ende gar nicht mehr authentisch sind. Und da kommen wir ja auch gleich noch zu,
Jan:
Mhm.
Björn:
was man tatsächlich machen kann oder was Fehler sind, wenn man mehr Wertschätzung ausdrücken möchte. Aber das ist dann ein Teufelskreis. Also Arbeitgeber kommt, will eigentlich mehr Geld, erzählt von Wertschätzung. Das kann der Arbeitnehmer,
Jan:
Aber Niemals.
Björn:
der Arbeitgeber kann das vielleicht gar nicht, dreht an der Wertschätzungsschraube auf die falsche Art und Weise und das Betriebsklima leidet vielleicht sogar noch dann runter.
Jan:
Also ich würde gerne noch mal auf einen Aspekt zu sprechen kommen, weil wir zu oft von Wertschätzung
Björn:
Dann habe ich überhaupt nichts.
Jan:
gesprochen haben und auch in dem Zusammenhang mit Geld. Also ich bin ja auch so ein Freund davon, Worte auseinanderzunehmen. Und wenn ich mir jetzt Wertschätzung anschaue, dann steckt da ja genau das drin. Also es wird ein Wert geschätzt. Und jetzt mal bezogen auf das Gehalt oder die Entlohnung. ist das dann ja auch unter Umständen in Teilen so. Also es gibt natürlich je nachdem wo man jetzt tätig ist auch Rahmenbedingungen, an die man sich halt irgendwie mit anpassen muss oder an denen man sich orientieren muss. Ich nenne jetzt zum Beispiel mal Tarifverträge, an denen für bestimmte Qualifikation oder Verantwortung eigentlich auch eine bestimmte Tarifgruppe definiert ist. Dann gibt es noch so Stufen, je nachdem wie viel Erfahrung man hat. Dann gibt es dazwischen Spielräume, in denen dann im Prinzip auch ein Arbeitgeber vielleicht entscheiden kann, wie da so eine Eintarifierung dann stattfindet oder eine Sortierung in dieses Gefüge. Aber letzten Endes wird ja tatsächlich auch von einem Unternehmen der Wert geschätzt. Also ich habe Mitarbeitende und denen biete ich ein entsprechendes Gehalt an und idealerweise ist es so, dass die Mitarbeitenden sagen, okay zu diesem Gehalt möchte ich auch gerne arbeiten, das finde ich fair an der Stelle. Wenn jetzt diese Situation aufkommt, wie du sie gerade beschrieben hast, dann gibt es ja zumindest mal eine Dissens darüber, wie viel man in Anführungsstrichen wert ist für das Unternehmen. Also beispielsweise hat man vielleicht den Eindruck, dass man deutlich mehr zum Unternehmenserfolg beiträgt als andere in der vergleichbaren Position oder man möchte gerne das gleiche bekommen wie andere in der gleichen Position, weil man vielleicht jünger ist und nicht das gleiche, das gleiche Gehalt bekommt oder sowas. Das heißt, es geht auch um die Frage, wie stehe ich in dem Gesamtgefüge, wie stehe ich vielleicht auch gegenüber dem Markt und wie stehe ich auch vielleicht gegenüber meinem persönlichen Bedürfnis, was ich meine zu verdienen. Also im Sinne, was ich bekommen sollte. Und Insofern kann ich verstehen, dass man hier auch mit diesem Punkt Wertschätzung kommt, weil man einen Wert schätzt eben von Unternehmensseite und weil man als Arbeitnehmer vielleicht dann auch seinen eigenen Wert anders einschätzt. Aber es hat natürlich nichts mit persönlicher Wertschätzung zu tun, also dass man nicht immer meinen persönlichen Wert gibt in diesem Zusammenhang. Und das hast du ganz korrekt formuliert aus meiner Sicht. Dass halt die Frage ist, was steckt dahinter? Steckt dahinter im Prinzip einfach das Bedürfnis mehr Geld zu verdienen, zu bekommen? oder nicht. Und da ist ja auch die Frage, was sind die Argumente? Also ich muss mehr Geld haben im Sinne von ich möchte halt einfach mehr Geld haben oder meine Kosten sind woanders gestiegen, ist natürlich unter Umständen gegenüber einem Arbeitgeber auch ein relativ schwaches Argument. Denn da ist ja die Frage,
Björn:
Hm.
Jan:
kann ich vielleicht auch in meiner Kostenstruktur etwas tun oder muss ich irgendwie den Lebensziel führen, wie ich ihn führen möchte? Das heißt, man kommt ganz ganz schnell eben in solche Diskussionen herein und wenn es quasi rein um das Gehalt geht, dann ist auch immer die Frage, was ist der Wertbeitrag für das Unternehmen und was sind auch die Rahmenbedingungen, die das Unternehmen, mein Arbeitgeber oder meine Arbeitgeber haben, wie sie mir überhaupt entgegenkommen können. Das ist im Prinzip auch etwas, was man mit berücksichtigen muss in einer solchen Situation. So, aber grundsätzlich bin ich bei dir.
Björn:
Hm.
Jan:
Das eine Thema ist das Thema Bezahlung. Also was bekomme ich für meine Zeit, die ich einsetze und für mein Engagement in Summe? Und das andere ist die Frage, was ist persönliche Wertschätzung? Persönliche Wertschätzung spielt sich für mich auf einer anderen Ebene ab. Das heißt für mich, dass man jemanden erkennt, wahrnimmt, was diese Person tut, dass man reagiert, dass man Feedback gibt, dass man miteinander kommuniziert. Das hat was für mich mit Wertschätzung zu tun, also dass man tatsächlich auch anerkennt, was geleistet wird in Summe, also auf einer persönlichen Art und Weise ist. Aber für mich was anderes als jetzt quasi der rein technische Vorgang der Bezahlung.
Björn:
Und deswegen ist eigentlich der erste Tipp, den wir unseren Zuhörern geben können, wenn sie mehr Geld wollen, vielleicht nicht mit der Wertschätzungskanone zu kommen, sondern das einfach direkt anzusprechen und zu sagen, ich würde gerne mehr Geld verdienen. Ist das möglich? Wie können wir das möglich machen? Kann ich irgendetwas tun, um mehr Geld zu bekommen? Oder was ist vielleicht im Rahmen des Unternehmens eh schon möglich? Also da vielleicht mit offenen Karten zu spielen. Wenn die persönliche Wertschätzung aber tatsächlich beeinträchtigt ist, und darum geht es ja jetzt, muss man sich zunächst fragen, finde ich, woran liegt das? Liegt es daran, dass ich vielleicht tatsächlich der Meinung bin, die Qualität meiner Arbeit wird nicht honoriert auf einer persönlichen Ebene? Also es ist so, dass ich mich abracke und das wird einfach so hingenommen, ohne dass ich mich persönlich in irgendeiner Weise bestätigt fühle. Ist es vielleicht ein Thema Führungsstil? Also vielleicht habe ich einen Chef, der mich nicht persönlich motiviert. Motivation ist ja auch ein ganz entscheidender Faktor dabei. Ist es vielleicht so, dass es mein direktes Umfeld ist, also ich vielleicht in einem Team hänge, in dem der Teamgeist nicht so richtig etabliert ist. Das sind dann Themen, die wirklich etwas mit Wertschätzung losgelöst von der Entlohnung zu tun haben. Und da geht es dann halt rum. kann man da eigentlich etwas verändern? Was kann der verändern, der darauf angesprochen wird, der sagt mir fehlt hier die Wertschätzung und was kann man vielleicht auch selber verändern? Denn ich finde auch immer ganz wichtig die Frage ist das überhaupt so? Ist es überhaupt die tatsächliche Wahrnehmung der anderen? Ist es die Realität der anderen, dass ich hier nicht gewertschätzt werde oder ist das ein Thema, das ich eigentlich nur mit mir selber habe? Da hilft natürlich der Austausch mit Kollegen sehr viel. Also geht es nur mir so oder geht es auch den anderen .. wenn es da mehr gibt, die vielleicht das gleiche… .. empfinden und das gleiche denken,… .. kann es grundsätzlich ja ein Problem sein,… .. das da besteht,… .. aber vielleicht ist es ja auch etwas,… .. was nur bei mir liegt,… .. vielleicht ist es ja ein Bedürfnis von mir,… .. dass da nicht gestillt wird,… .. das vielleicht auch gar keine Berechtigung hat… .. in dem Moment.
Jan:
Hm.
Björn:
Ich will mal ein Beispiel sagen,… .. weil… .. die… .. was viele ja tun,… .. habe ich auch einen Coaching-Clienten schon gehabt,… .. der damit konfrontiert wurde,… .. er würde nicht wertschätzen… .. und dann hat er… mir gesagt, ja, und jetzt bedanke ich mich immer für alles und es reicht auch nicht. Dieses immer wieder bedanken ist natürlich so eine Sache, wenn man sagt, ja, dann will ich jetzt mal wertschätzend sein und ich bedanke mich für alles, was meine Mitarbeiter tun. Das nutzt sich natürlich ab, weil wenn es nicht wirklich empfunden ist in dem Moment und wenn es auch gar nicht das war, was eigentlich dahinter stand, wird das so eine mechanische Geschichte. Dann hören die Mitarbeiter danke und denken, ja, ja, ist nur so dahergesagt, das bedeutet eh nichts. Also da finde ich, muss man dann auch differenzieren. Ist es ein Problem, das ich habe? Ist es ein Thema, das ich habe? Kein Problem, aber ein Thema. Oder ist es wirklich eine systemische Geschichte, dass…
Jan:
Mmh.
Björn:
.. irgendetwas in dem Gefüge da in dem Unternehmen… .. vielleicht geändert werden muss, damit eine… .. höhere Wertschätzung von oben nach unten vor allem ja auch… .. immer entsteht oder empfunden werden?
Jan:
Ja, ich gehe noch mal einen Schritt weiter. In dem Moment, wo man das Gefühl hat. dass man sich nicht wertgeschätzt will. Es sind jetzt Situationen, die jetzt einen gegenüber haben, die denen das ein Stück weit krankhaft agiert, oder wirklich abseits der Norm. Hat das aus meiner Sicht eigentlich immer was auch mit der eigenen Wahrnehmung zu tun. Denn die Frage ist doch, warum mache ich denn überhaupt mich abhängig von der Wertschätzung von anderen Personen? Also eigentlich reicht das doch völlig aus, wenn ich bei mir selbst bin und weiß, was ich kann, dass es gut ist und so weiter und so fort und dass ich mein bestes tue und dass ich quasi die Dinge beeinflussen kann, die ich selbst beeinflüsse, also die ich die selbst eben in der Hand habe, aber eben die Reaktion unter Umständen nicht. Jetzt kann ich irgendwie mein Verhalten anpassen, um eine andere Reaktion beim Gegenüber zu provozieren in Anführungsstrichen oder halt irgendwie zu versuchen herauszukitzeln. Aber letzten Endes ist ja die Frage, warum brauche ich das? Also, Dem kann eigentlich auch die Meinung der anderen teilweise egal sein.
Björn:
Oh, das ist ja Blue Sky Szenario. Also wenn das so wäre, das wäre natürlich toll, wenn wir alle so mit uns im Raiden wären, dass wir nie externe Bestätigung brauchen würden. Aber so funktionieren wir ja nicht. Wir brauchen ja beides. Wir müssen ja mit uns im Raiden sein. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite müssen wir uns ja auch zugehörig fühlen und das geschieht halt darüber, dass wir auch Anerkennung für das kriegen, was wir
Jan:
Mhm.
Björn:
für die Gemeinschaft tun. Gehen wir mal zurück zu den Höhlenmenschen. Wenn da ein Jäger ist, der den ganzen Tag damit beschäftigt ist, zu jagen und hinter
Jan:
Mhm.
Björn:
das Tier zurück in die Höhle trägt, der möchte ja auch Wertschätzung dafür bekommen, dass er das getan hat für die Gemeinschaft, wo dann hinterher alle von essen, selbst wenn er weiß, dass er ein guter Jäger ist. Also ich glaube schon, dass es etwas von beidem braucht. Also natürlich gebe dir total recht in einem total… in sich ruhenden, völlig unabhängigen Menschen, der also von äußeren Einflüssen völlig unabhängig ist, wäre das eigentlich gar kein Thema. Aber so ist es ja in der Regel nicht. Wir sind ja auch nicht so geprägt.
Jan:
Ja, aber das Argument lasse ich aber nur bedingt gelten, denn da ist ja die Frage, wie sind wir geprägt und was machen wir selbst daraus? Also wir müssen ja quasi mit dem Set, was wir auch
Björn:
Hm.
Jan:
mitgenommen haben an Fähigkeiten, das müssen wir auch nicht abschließend so hinnehmen, dass das quasi für immer so bleibt. Ich komme noch mit einem anderen Beispiel. Wir haben jetzt quasi
Björn:
Hm.
Jan:
das über das eine Thema gesprochen, Wertschätzung über Geld. Dann gibt es quasi auch noch das Thema Wertschätzung über Titel.
Björn:
Hm.
Jan:
Auch das ist etwas, was zum Beispiel im Berufsleben eine Rolle spielt. Dass man gerne irgendwie einen anderen Jobtitel haben möchte, dass man in einer Hierarchie aufsteigen möchte und so weiter und so fort. Und wo man dann wiederum auch sein persönliches Glück in Anführungsstrichen davon abhängig macht, dass man eben diese Schulterklappen bekommt oder einen bestimmten Titel bekommt
Björn:
Hm.
Jan:
und sich damit dann vielleicht auch wieder hervortun kann gegenüber anderen. Und auch da ist die Frage, was ist der Ansatz? Ist der Ansatz, dass man leistet? mit dem Anspruch zu überzeugen und dass das quasi von der anderen Seite gesehen wird und dann kommt das automatisch. Also erst tun, dann bekommen. Oder ist mein Anspruch zu sagen, ich möchte das aber jetzt haben und dann tue ich auch mehr. Oder ich möchte das jetzt auch haben, weil das steht mir sowieso zu, aber von der anderen Seite wird es gar nicht so gesehen. Und das ist quasi immer eine Frage von Kommunikation und man bewegt sich auch nicht nur quasi innerhalb dieses Systems
Björn:
Hm.
Jan:
des einen. Unternehmens für das man arbeitet, sondern aktuell bewegen wir uns ja auch in einem System, was eigentlich für Arbeitnehmer in Summe relativ komfortable Rahmenbedingungen hat. Das heißt, also aktuell gibt es einen sich verschärfenden Fachkräftemangel, dass wenn jemand Fähigkeiten hat, dann gibt es quasi auch andere Unternehmen am Markt, die sich freuen da entsprechend jemanden gewinnen zu können. Und ich glaube, das wird auch vielen Unternehmen teilweise immer bewusster. oder das wird eigentlich den meisten Unternehmen deutlich bewusster, so wie ich das aktuell wahrnehme. Das heißt, auch da findet ein Umdenken statt, sodass quasi auch jenseits von Bezahlung und Danke sagen quasi das Thema Wertschätzung mehr in den Vordergrund rückt. Trotzdem bleibe ich dabei. Und das hast du ganz ganz gut gerade eigentlich herausgearbeitet, dass der Punkt schon Bestand hat, dass ich gucken muss, ist das etwas, was ich persönlich wahrnehme oder ist das etwas, was im System liegt? Also erfahre ich das nur persönlich.
Björn:
Hm.
Jan:
in der Gruppe oder geht es den anderen auch so? Und in dem Moment, wo es den anderen auch so geht, bin ich dann wiederum bei dir, wäre das quasi auch der Ansatz, wo man auch mal im System vielleicht mal konkreter schauen sollte, liegt es daran, dass vielleicht die vorgesetzte Person nicht in der Lage ist, Wertschätzung zu geben, irgendwie konstruktives Feedback zu geben, die Dinge wahrzunehmen, liegt es daran, dass vielleicht… die Organisation so aufgebaut ist, dass eigentlich gar kein Raum dafür da ist. Und was kann man tun, um das gemeinsam zu entwickeln? Da kann man ja auch gemeinsam anpacken. Nichtsdestotrotz würde ich
Björn:
Hm.
Jan:
immer versuchen, dafür zu werben, sich im Rahmen des Möglichen trotzdem relativ unabhängig davon zu machen, was quasi da von außen kommt. Denn das ist halt auch mal wieder der Punkt. Meine
Björn:
Gäbe ich dir total recht.
Jan:
grundsätzliche Auffassung ist, dass Personen nichts tun, per se, um anderen zu schaden. Im Regelfall. Das soll heißen, eine Arbeitnehmerin, ein Arbeitnehmer wird die Intention haben, den Job möglichst gut zu machen und damit auch die Wertschätzung zu erfahren. Und eine Arbeitgeberfigur wird auch aus ihrer Sicht, eine Führungsperson wird auch versuchen. einerseits das Geschäft zu führen, andererseits aber auch die Mitarbeitenden im Rahmen ihrer Möglichkeiten entsprechend gut zu führen. Teilweise hast du einen nicht optimalen Fit aus den Fähigkeiten, also dass quasi auch eine Führungsperson vielleicht gar nicht gelernt hat zu führen oder eigentlich fachlich sehr gut war und da reingerutscht ist und jetzt halt eben in der Rolle ist auf einmal Mitarbeitende führen zu müssen, in Anführungsstrichen, obwohl sie eigentlich am liebsten fachlich arbeiten da auch an ihre Grenzen kommt. Aber ich glaube nicht, dass es per se so ist. dass jemand ganz bewusst sagt, jetzt möchte ich die aber mal ärgern. Gibt es auch, keine Frage. Und irgendwann kommen auch persönliche Dinge mit rein. Aber das ist ein Sonderfall. Und in dieser ganzen großen Masse dazwischen, da gibt es halt eben unheimlich viel zu tun, da kann man gemeinsam anpacken und arbeiten. Und dafür muss man aber, wie du schon sagst, erstmal analysieren, wie ist die Situation und dann auch überlegen, gehe ich da alleine ran oder kann ich da auch in der Gruppe rangehen und das ganz konkret kommunizieren, ansprechen, daran arbeiten?
Björn:
Vielleicht können wir jetzt mal ganz kurz den, oder ganz kurz, vielleicht können wir jetzt mal den Fokus darauf schenken, was man denn konkret eigentlich tun kann, wenn es wirklich eine Grundsätzlichkeit ist, dass Wertschätzung fehlt. Vielleicht als erstes eine Beobachtung von mir ist, dass da, wo es gehäuft dazu kommt, dass Leute sagen, ich fühle mich nicht gewertschätzt. hat es meistens damit zu tun, dass sie sich ihrer Rolle im Großen und Ganzen nicht bewusst sind. Also, die machen ihre tägliche Arbeit, aber sie sind sich überhaupt nicht über ihre Tragweite und die Konsequenzen bewusst, was passieren würde, wenn sie es nicht tun. Und ich glaube, das ist ein Fehler, den viele Vorgesetzte tatsächlich häufig machen, dass sie lassen ihre Mitarbeiter arbeiten, sie sagen vielleicht auch mal danke, aber sie erklären ihnen gar nicht, warum das wichtig ist, was sie tun.
Jan:
Mhm.
Björn:
und warum sie selber unheimlich dankbar sind, dass es für sie getan wird. Also das ist eine Arbeitseinweisung, das steht vielleicht im Arbeitsvertrag, Aufgaben sind so und so und so. Aber dem Mitarbeiter ist eigentlich gar nicht richtig bewusst, was würde denn passieren, wenn ich nicht mehr da wäre? Was würde denn passieren, wenn ich es nicht machen würde? Also wenn es jemand anders machen würde, der vielleicht meine Expertise nicht hätte. Und ich finde, das ist eine Schraube, da kann man relativ leicht dran… .. dehnen, weil das große und ganze zu erklären und das große Warum, das… .. why, warum machen Sie überhaupt das, was Sie tun oder warum müssen Sie das… .. tun, was Sie, was wir von uns von Ihnen wünschen. Das bewirkt meistens sehr, sehr viel, weil dann die eigene Tragweite, die… .. eigene Gravitas quasi in dem Unternehmen sehr viel deutlicher wird… .. und man sich auch sehr viel verantwortlicher fühlt. Also… Das gleiche Thema, wenn ich weiß, für wie viel Verantwortung ich persönlich eigentlich trage für das Unternehmen, dann werde ich auch meine Arbeit persönlich für wichtiger achten und das gibt mir natürlich Wert zurück, weil ich weiß, dass ich etwas ganz Entscheidendes
Jan:
Hm.
Björn:
leiste.
Jan:
Ja, das wäre jetzt, du hast gesagt, was kann man ganz konkret tun? Jetzt ist da ja jemand, der fühlt sich nicht wertgeschätzt. Und jetzt war ja quasi die Antwort darauf, das Unternehmen müsste eigentlich der Person mitteilen, wie wichtig sie für das Unternehmen ist. Aber wenn ich jetzt selbst betroffen bin, kann ich damit natürlich noch relativ wenig anfangen, weil dann müsste ich ja meinem Gegenüber das quasi abverlangen. Oder ich müsste selbst in der Lage sein, quasi so differenziert darauf zu schauen. mir selbst bewusst zu machen, warum bin ich eigentlich wichtig und was ist eigentlich meine Rolle. Auch das kann natürlich helfen, sich da einfach mal bewusst zu werden. Der nächste Schritt wäre aus meiner Sicht aber auch ganz aktiv Feedback einzufordern, auf eine konstruktive Art und Weise. Mal zu sagen, pass mal auf, ich mache ja täglich meinen Job, aber ich habe gar nicht so den richtigen Eindruck, ist das gut, ist das schlecht, wie wird das gesehen und ich würde gerne mal erfahren, wie seht ihr das denn? Warum bin ich aus deiner Sicht wichtig für das Unternehmen? Oder was ist mein Beitrag hier aus deiner Sicht? Wie schätzt du mich in Summe ein, einfach um das mal zu bekommen? Das kann natürlich auch dazu führen, dass man etwas anderes hört, als man vielleicht erwartet. Das muss man sich auch klar machen in dem Zusammenhang. Aber es kann auch sein, dass man da unheimlich Positives erfährt und auch mal eine sehr interessante Außensicht in diesem Zusammenhang bekommt.
Björn:
Wo du gerade Außensicht saß, das gilt ja auch andersrum. Also Feedback einfordern auch von Seiten des Arbeitgebers, also von dem Wertschätzung gewünscht wird. Der müsste eigentlich auch öfter fragen, machen wir unseren Job gerade eigentlich gut? Weißt du, wie wichtig du für unser Unternehmen bist? Und wenn nein, kann ich dir da irgendwie helfen? Ich würde sogar noch weitergehen. Diese Frage… Ich habe eigentlich immer, ich sage eigentlich zu Kandidaten, die ich irgendwie einstelle, immer an so Probetagen gab es heute etwas, was sie gesehen haben, was sie total auf die Palme bringt. Also, dass ich auch selbst in dem Moment, wo jemand noch gar nicht Teil des Systems
Jan:
Mhm.
Björn:
ist, also ist er ja im Prinzip schon so ein bisschen, wenn man jetzt systemisch denkt, aber In dem Moment, wo jemand von außen draufguckt, auch da schon ganz viel, ganz großen Fokus darauf zu legen, wie wirkt das nach außen? Wie wirkt das von jemandem, der von ganz woanders kommt? Und da ist die Meinung wichtig. Und genauso ist die Meinung jedes einzelnen Mitarbeiters ja auch wichtig, sollte zumindest wichtig sein. Machen wir unseren Job gerade gut, was können wir besser machen? Nächster Punkt wäre für mich, das mache ich auch immer gerne, ist Verantwortung abgeben.
Jan:
Mhm.
Björn:
Also wenn es zum Beispiel … ein neues Themengebiet gibt, frage ich mich immer sehr gründlich, sollte ich das jetzt machen oder wäre es vielleicht gut für einen meiner Mitarbeiter, wenn er das machen würde, wenn das seine Verantwortung wäre. Und wenn das so ist und das ist fast immer so, dann gebe ich das weiter und erkläre auch warum. Ich sage dann, das wirst du viel besser machen können als ich, weil. Und das ist natürlich eine… .. eine Möglichkeit, Verantwortung weiterzugeben… .. und noch ganz klar zu sagen,… .. hier, das ist nicht meine Expertise, sondern deine. Und das sollte eigentlich auch sehr wertschätzend sein. Ist meine Meinung, vielleicht widersprichst du mir jetzt. Weil man damit auch ganz klar signalisiert,… .. hier, du hast deine Kompetenzen,… .. da bist du viel besser als ich auch selber… .. oder viel besser als die anderen. Und da möchte ich auch, dass du da aufblühst.
Jan:
Hm, ja. Ja und grundsätzlich auch die Meinung mit einzuholen einfach und nicht nur zu sagen, wie wichtig jemand für das Unternehmen ist, sondern auch tatsächlich zu fragen, was sind die Verbesserungspunkte hier im Unternehmen auch aus deiner Sicht.
Björn:
Hm.
Jan:
Das quasi mit aufzunehmen, mit einzubeben und genau diesen Punkt eigentlich und das ist ja so ein bisschen auch die Quintessenz, hier ins gegenseitige Feedback zu gehen, finde ich eigentlich ganz wichtig. die Wertschätzung eindimensional zu beziehen auf beispielsweise das Thema Gehalt auf das Thema Titel oder sonstige Dinge, die man sich da vorstellen kann, die eher, sag ich mal, materielle oder symbolische Art sind, sondern ganz konkret eben auch in die Kommunikation zu gehen, mit den Beteiligten zu fragen, was ist aus eurer Sicht gut, was könnte besser laufen, und das beidseitig im Grunde zu etablieren in der Kultur des Unternehmens. Das ist im Prinzip der wichtige Punkt. Und wenn das sich vom Unternehmen selbst aktiv gesteuert und angebracht wird, dann ist es vielleicht auch eine Idee, an der Stelle das selbst auch anzumoderieren und in Gang zu bringen. Denn irgendjemand muss es ja tun, wenn es sonst kein anderer tut. Und das sind dann oftmals auch wir selbst.
Björn:
Das ist ein unheimlich schönes Schlusswort für heute.
Jan:
Das freut mich, dass du das so siehst und in dem Zusammenhang bedanken wir uns bei euch fürs Zuhören und freuen uns auf die nächste Folge und verabschieden uns bis dahin. Auf Wiederhören.
Björn:
Macht's gut, ciao.