In einer Welt, die nie stillzustehen scheint, ist Ruhe ein selten gewordenes Gut. Oft wird von Termin zu Termin gehetzt, zwischendurch Nachrichten auf dem Smartphone gecheckt und versucht, Arbeit, Familie und Freizeitaktivitäten unter einen Hut zu bringen. Doch wann nehmen Sie sich wirklich Zeit, um innezuhalten und in sich hineinzuhorchen? Dieser Blogartikel geht der Frage nach, wie bewusste Ruhephasen Ihre Selbsterkenntnis fördern und warum sie so wertvoll sind.
Passend zu diesem Thema gibt es eine Podcast Folge von Jan Gustav Franke und mir im Coach&Coach Podcast:
Der Lärm des Alltags – und seine Folgen
Ob beruflicher Stress, familiäre Verpflichtungen oder soziale Medien – Ihr Geist ist heutzutage fast permanent mit äußeren Einflüssen konfrontiert. Das Konzept des “Mental Load” beschreibt genau das: die unzähligen kleinen und großen Aufgaben, die in Ihrem Kopf präsent sind, ohne dass sie explizit auf einer To-Do-Liste stehen. Vielleicht fällt es Ihnen schwer, überhaupt noch klare Gedanken zu fassen, weil Ihr Geist ständig mit dem nächsten Termin oder der nächsten Verpflichtung beschäftigt ist.
Diese dauerhafte Reizüberflutung kann auf lange Sicht zu Erschöpfung führen. Ohne bewusste Pausen fehlt der Raum für echte Reflexion – und damit für wertvolle Selbsterkenntnis. Doch wie gelingt es, im Alltag bewusste Ruhe zuzulassen?
Praktischer Tipp:
Versuchen Sie, regelmäßig „Pufferzeiten“ in Ihren Kalender einzuplanen. Fünf bis zehn Minuten zwischen Meetings oder Aufgaben können helfen, Gedanken zu ordnen und bewusst durchzuatmen.
Die Kunst des Aushaltens von Stille
Ein spannender Aspekt, der aus der Coaching-Praxis bekannt ist, ist das bewusste Aushalten von Stille. In Coachingsituationen kommt es häufig vor, dass nach einer tiefgehenden Frage erst einmal Schweigen herrscht. Viele Menschen empfinden das als unangenehm und möchten die Stille sofort füllen – mit Worten, Erklärungen oder Ablenkungen. Doch gerade in diesen Momenten der Stille geschieht etwas Entscheidendes: Der Blick richtet sich nach innen, Gedanken werden geordnet, und tiefere Einsichten entstehen.
Im Alltag zeigt sich oft, wie selten solche Momente bewusst zugelassen werden. Viel zu oft wird in Wartezeiten reflexartig zum Handy gegriffen, Musik gehört oder auf andere Weise Ablenkung gesucht. Dabei könnten genau diese Zeiten genutzt werden, um in Kontakt mit sich selbst zu treten.
Praktischer Tipp:
Nehmen Sie sich täglich bewusst einige Minuten, in denen Sie nichts tun. Legen Sie Ihr Smartphone beiseite, schließen Sie die Augen und lauschen Sie einfach der Stille.
Orte der Ruhe finden
Um echte Ruhe zu erleben, ist es hilfreich, sich bewusst aus dem Alltag herauszunehmen. Ein Spaziergang in der Natur, eine Tasse Tee in einem ruhigen Raum oder sogar ein Wochenende an einem Ort ohne äußere Ablenkungen können dabei helfen.
Ein eindrucksvolles Beispiel ist das sogenannte “Schweige-Retreat”, bei dem Teilnehmer für mehrere Tage oder Wochen bewusst auf Kommunikation verzichten. Die Idee dahinter: Durch die Abwesenheit äußerer Reize beginnt das Gehirn, sich selbst zuzuhören. Gedanken, die im Alltag oft untergehen, kommen an die Oberfläche, und es entsteht ein tieferes Verständnis für die eigene innere Welt.
Praktischer Tipp:
Probieren Sie für den Anfang einen „digitalfreien Tag“ aus. Schalten Sie Ihr Handy aus und verbringen Sie einen Tag in der Natur oder an einem ruhigen Ort.
Reflexion: Die Jacken des Lebens betrachten
Ein passendes Bild dazu ist das der „Jacken des Lebens“. Im Alltag tragen Sie viele verschiedene Rollen: als Eltern, Arbeitnehmer, Führungskraft, Freund oder Ehrenamtliche. Jede dieser Rollen ist wie eine Jacke, die Sie sich überziehen. Doch wann nehmen Sie sich bewusst Zeit, um zu prüfen, ob Ihnen diese Jacken überhaupt noch passen?
Manchmal zeigt sich erst in der Stille, dass eine bestimmte Rolle gar nicht mehr entspricht oder dass der Wunsch nach einer neuen entsteht. Vielleicht gibt es Verpflichtungen, die nur aus Gewohnheit übernommen wurden, oder Träume, die aus den Augen verloren gegangen sind. Diese Erkenntnisse entstehen meist nicht inmitten des Alltagschaos – sondern dann, wenn bewusst Rückzug gesucht und Reize minimiert werden.
Praktischer Tipp:
Notieren Sie sich regelmäßig in einem Journal, welche Rollen Sie gerade ausfüllen. Fragen Sie sich: Welche tun mir gut? Welche belasten mich?
Selbsterkenntnis als Schlüssel zu einem bewussteren Leben
Letztlich geht es darum, das Leben nicht nur im Autopiloten zu führen, sondern aktiv zu gestalten. Wer sich regelmäßig Zeit für Reflexion und innere Einkehr nimmt, kann bewusste Entscheidungen treffen und ein erfüllteres Leben führen. Vielleicht stellen Sie fest, dass alles genau richtig ist, wie es ist – oder dass es an der Zeit ist, etwas zu verändern.
Der Schlüssel liegt darin, sich selbst die Erlaubnis zu geben, einfach mal nichts zu tun. Keine Ablenkung, kein Ziel, kein “Ich muss noch schnell…”. Sondern nur das Hier und Jetzt – und die Möglichkeit, sich selbst auf einer tieferen Ebene zu begegnen.
Praktischer Tipp:
Planen Sie bewusst Zeiten ein, in denen Sie nichts tun. Tragen Sie diese Zeiten in Ihren Kalender ein und behandeln Sie sie genauso wichtig wie andere Termine.
Fazit
Wer sich regelmäßig bewusste Ruhezeiten gönnt, schafft Raum für Selbsterkenntnis und persönliche Weiterentwicklung. Sei es durch Meditation, Spaziergänge in der Natur oder bewusste Zeiten ohne Ablenkung – die Stille bietet eine wertvolle Chance, mit sich selbst in Kontakt zu treten und herauszufinden, ob das Leben so geführt wird, wie es wirklich gewünscht ist.
Wann haben Sie sich zuletzt bewusst Zeit für sich selbst genommen?